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Der Schatten des Maoismus

Der Freiburger Sinologe und Historiker Daniel Leese erhält einen ERC Starting Grant in Höhe von 1,44 Millionen Euro

Freiburg, 16.07.2013

Der Schatten des Maoismus

Daniel Leese (© privat)

Die kommunistische Parteidiktatur in der Volksrepublik China dauert fort – trotz der Schrecken der maoistischen Herrschaft, während der Millionen von Menschen politisch verfolgt und hingerichtet wurden. Wie konnten Täter und Opfer nach dem Tod Mao Zedongs und dem Beginn der Reformära nach 1978 weiterhin nebeneinander leben? Gab es eine maoistische Vergangenheitsbewältigung? Und wie gelang es der Kommunistischen Partei, ihr Herrschaftsmonopol trotz der verheerenden politischen Bilanz zu sichern? Dies sind einige der zentralen Fragen, für die Daniel Leese, Juniorprofessor für Geschichte und Politik des modernen China am Institut für Sinologie der Universität Freiburg, vom Europäischen Forschungsrat (ERC) einen mit 1,44 Millionen Euro dotierten ERC Starting Grant für zukunftsweisende Projekte erhält. Es ist das erste Mal, dass ein geisteswissenschaftlicher Antrag der Universität Freiburg in dieser Förderlinie erfolgreich war.

Eine öffentliche Diskussion und wissenschaftliche Aufarbeitung der maoistischen Verbrechen ist in China bis heute nur innerhalb enger Grenzen möglich. Die Schuldfrage bezüglich der Kulturrevolution wurde symbolisch in Form einer Parteiresolution und eines Schauprozesses gegen Mitglieder der so genannten Viererbande um Maos Frau Jiang Qing geklärt. Demzufolge trage Mao die politische Verantwortung für die Abweichung vom „korrekten“ kommunistischen Entwicklungspfad. Er habe sich aber, anders als die Viererbande, keiner krimineller Vergehen schuldig gemacht.

Um die Legitimationsgrundlagen der Parteiherrschaft nicht zu gefährden, werden komplexere Erklärungsansätze in der Öffentlichkeit nicht geduldet. Innerhalb der Partei, aber auch jenseits der Parteigrenzen wurden Opfer jedoch vielfach entschädigt und Täter teilweise juristisch oder auf bürokratischem Weg bestraft – etwa durch Tadel, Versetzung oder Parteiausschluss. Auch wenn die Archive einstweilen geschlossen bleiben, existiert mittlerweile eine Fülle quasi-archivalischer Materialien aus der Zeit der maoistischen Herrschaft, die neben internen Parteidokumenten, Lokalchroniken und Zeitzeugeninterviews die Grundlage des Forschungsprojekts bilden und in Form einer Datenbank verfügbar gemacht werden sollen.

Mit der auf fünf Jahre angelegten Förderung werden sechs Forscherinnen und Forscher unter der Leitung von Daniel Leese, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, anhand von ausgewählten Fallstudien die politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen der Abkehr vom Maoismus erforschen. Damit wird das Projekt diese Periode für vergleichende Forschungen zum Umgang mit dem Erbe diktatorischer Willkürherrschaft verfügbar machen.

Die ERC Grants sind eine der prestigeträchtigsten Forschungsförderungen Europas. Alleiniges Kriterium bei der Vergabe ist die wissenschaftliche Exzellenz der Forscher sowie ihrer Anträge, die in zwei Verfahrensstufen evaluiert wird.
 


Kontakt:
Juniorprofessor Daniel Leese, Ph.D.
Institut für Sinologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-67752
Fax: 0761/203-67766
E-Mail: daniel.leese@sinologie.uni-freiburg.de
 


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