Polizeipräsenz und Kriminalitätsfurcht
Freiburg, 27.05.2013
Dr. Ebutalip Aktas ist Soziologe, Polizeidirektor und Leiter der Prüfungsabteilung für Dokumente und Handschrift im Kriminaltechnischen Labor Erzurum/Türkei. © privat
Die Polizei schützt Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten und sorgt für Sicherheit und Ordnung in der Gesellschaft. Doch wie nehmen Menschen Polizistinnen und Polizisten tatsächlich wahr? Kann bürgernahe Polizeiarbeit das Sicherheitsgefühl von Bürgern verbessern und ihre Angst mindern, ein Opfer von Kriminalität zu werden? Dr. Ebutalip Aktas hat im Rahmen seiner Dissertation die Situation in zwei türkischen Städten untersucht. Er befragte die Einwohnerinnen und Einwohner von Bursa und Eskişehir zu ihrer Furcht vor Kriminalität und zu der Rolle, die Polizisten dabei einnehmen. Der türkische Polizeidirektor und Leiter der Prüfungsabteilung für Dokumente und Handschrift im Kriminaltechnischen Labor Erzurum wies einen direkten Zusammenhang nach: Wenn das Vertrauen in die Polizei steigt, verringert sich die Kriminalitätsfurcht. Die Arbeit erstellte Aktas am Institut für Soziologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bei dem Erstgutachter Prof. Dr. Baldo Blinkert.
Bürgernahe Polizeiarbeit zeichnet sich dadurch aus, dass Bürger und Polizei kooperieren: Polizisten zeigen mehr Präsenz in der Öffentlichkeit, suchen gemeinsam mit der Bevölkerung nach Problemlösungen und stehen als direkte Ansprechpartnerinnen und -partner zur Verfügung. Dadurch soll Vertrauen entstehen und das Ansehen erhöht werden. „Wenn die Polizei diese Philosophie gut umsetzt, hat dies einen positiven Effekt auf das Sicherheitsgefühl der Bürger“, sagt Aktas. Bursa gehört zu den ersten türkischen Städten, die das Konzept der bürgernahen Polizeiarbeit umgesetzt haben. Die Studie von Aktas legt nahe, dass diese Strategie aufgeht: Die Einwohner von Bursa sehen sowohl die örtliche Polizei als auch die der gesamten Türkei als erfolgreich an und ordnen das Verhalten der Polizisten in ihrer Stadt als überwiegend positiv und richtig ein. Sie werden zudem selten Opfer einer Straftat – und wenn doch, erstatten die meisten von ihnen Anzeige. Mit dem starken Vertrauen in die Polizei geht ein erhöhtes Sicherheitsgefühl einher: Im Vergleich zu den Einwohnern der Stadt Eskişehir haben die Befragten in Bursa weniger Angst vor kriminellen Übergriffen. In Eskişehir wurde die Strategie der bürgernahen Polizeiarbeit zum Zeitpunkt der Befragung gerade eingeführt. Dort sind vergleichsweise mehr Menschen Opfer einer Straftat geworden, etwa 44 Prozent der Befragten. Mehr als die Hälfte von ihnen hat jedoch keine Anzeige erstattet.
Aktas hat außerdem analysiert, welche Faktoren sich auf das Ansehen der Polizei besonders negativ oder positiv auswirken. Er stellte beispielsweise fest, dass patrouillierende Polizisten und mobile Streifen das Sicherheitsempfinden besonders positiv beeinflussen. Wenn Polizisten hingegen angsteinflößend auftreten und wenn das Erscheinungsbild von ihnen, ihren Streifenwagen oder dem Polizeirevier unangemessen oder unordentlich ist, fühlen sich die Bürger unsicher und ihre Kriminalitätsfurcht steigt. Die Sportlichkeit der Beamten prägt ebenfalls das Sicherheitsgefühl. Einen intensiven Einfluss habe der Sprachgebrauch: „Für Bürger ist es sehr wichtig, dass Polizeibeamtinnen und -beamte sich ordentlich und niveauvoll ausdrücken. Dies hat einen direkten Einfluss darauf, ob sich die Befragten sicher fühlen.“
Kontakt:
Prof. Dr. Baldo Blinkert
Institut für Soziologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
E-Mail: baldo.blinkert@soziologie.uni-freiburg.de
Dr. Ebutalip Aktas
E-Mail: etalipaktas@hotmail.com
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