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Herausragende Habilitationsschrift

Deutscher Anglistenverband verleiht Helene-Richter-Preis an Dorothee Birke

Freiburg, 26.10.2015

Herausragende Habilitationsschrift

Franz K. Stanzel, der Stifter des Helene-Richter-Preises, und Dorothee Birke. Foto: Franz K. Stanzel.

Die Freiburger Anglistin Dr. Dorothee Birke erhält den Helene-Richter-Preis des Deutschen Anglistenverbands für ihre Habilitationsschrift. Die Arbeit mit dem Titel „Writing the Reader“ zeigt am Beispiel des englischen Romans, auf welche Weise das Image des Romanlesens im 18. und im 21. Jahrhundert in den Werken selbst thematisiert wird. Die Stiftung Helene Richter vergibt den mit 2.000 Euro dotierten Preis jährlich an eine hervorragende literaturwissenschaftliche Arbeit. Damit will sie die Erinnerung an die anglistische Privatgelehrte Helene Richter, die 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben kam, wachhalten.

Seit sich der Roman als eine beliebte Gattung im 18. Jahrhundert etabliert hat, hat sich das Bild des Lesens stark verändert. Galt das Romanlesen einst als frivol und gefährlich, wird es heute als kulturell wertvolle Beschäftigung betrachtet. Dennoch lassen sich die Diskussionen über die moralische Vorbildfunktion von Literatur aus dem 18. Jahrhundert in aktuellen Überlegungen wiederfinden, nach denen die Romanlektüre die Empathiefähigkeit steigere.

Dieser Entwicklung ist Birke anhand von englischsprachigen Romanen der beiden Schlüsselperioden der frühen und der aktuellen Romangeschichte nachgegangen. Im Mittelpunkt stehen Werke über obsessive Leserfiguren, deren Weltsicht sich durch ihre Lektüre radikal verändert. In solchen Romanen, die in der Tradition von Miguel de Cervantes’ „Don Quijote“ das Lesen selbst zum Schwerpunkt der Handlung machen, werden Wirkung und Nutzen des Lesens auf besonders plakative Weise propagiert oder problematisiert.

Birke hat ein Modell zur Analyse verschiedener Aspekte des Lesens entwickelt: Sie erweiterte den traditionellen Schwerpunkt der Literaturwissenschaft auf die Inhalte einer Lektüre um den Fokus auf das Lesen als eine Tätigkeit, die auch körperliche, soziale und institutionelle Aspekte beinhaltet. Die Romane der britischen Schriftstellerin Jane Austen aus dem 18. Jahrhundert etwa reflektieren eine neue Bewertung des Romanlesens: Sie beschreiben, wie es das soziale Miteinander fördert und die Figuren sich an ähnlichen Literaturvorlieben als Gleichgesinnte erkennen. Zugleich übt Austen deutliche Kritik an den etablierten Machtstrukturen des Literatursystems ihrer Zeit, in dem Romanlesen als typisch weibliche Beschäftigung abgetan wurde. Birke hat in ihren Analysen aufgeschlüsselt, wie komplex die Autoren selbst das Lesen in ihren Romanen bewerten.

Weitere Informationen zu Dorothee Birke:
www.anglistik.uni-freiburg.de/seminar/abteilungen/literaturwissenschaft/ls_fludernik/staff/Birke


Kontakt:
PD Dr. Dorothee Birke
Tel.: +45 871 53 464
E-Mail: dorothee.birke@anglistik.uni-freiburg.de


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