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Kulturen verstehen, Corona-Vorhersagen verbessern

Freiburger Forschende untersuchen, wie unterschiedliche Gruppen mit Körpernähe und Distanz umgehen

Freiburg, 12.02.2021

Für die Politik sind mathematische Modelle zur Ausbreitung von Infektionskrankheiten eine wichtige Entscheidungshilfe, um rechtzeitig angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Wissenschaftsforscherin Prof. Dr. Veronika Lipphardt und der Kultursoziologe und Historiker Privatdozent Dr. Dmitri Zakharine vom University College Freiburg (UCF) der Albert-Ludwigs-Universität möchten diese Prognosen präzisieren. Dazu untersuchen sie, wie Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund mit Körpernähe und Distanz umgehen. Ihre Ergebnisse sollen es ermöglichen, Modellrechnungen um Faktoren des Distanzierungsverhaltens unterschiedlicher Gruppen zu er­weitern. Die VolkswagenStiftung fördert das Forschungsprojekt für 18 Monate mit knapp 120.000 Euro. Zakharine und Lipphardt wollen die Studie in Freiburg umsetzen.

„Die differenzierten Vorstellungen von Abstand und Nähe, die bei der interpersönlichen Kommunikation zum Tragen kommen, werden in den Berechnungen bisher kaum berücksichtigt“, sagt Dmitri Zakharine. Dabei gebe es in verschiedenen Ländern große kulturelle Unterschiede, wenn es darum gehe, sich den Teller, die Zigarette oder das Bett mit jemandem zu teilen. „Für eine Studie aus dem Jahr 2008 habe ich mit deutschen und tschechischen Studierenden gesprochen. Insbesondere bei den Studentinnen stellte sich heraus, dass es in Tschechien viel üblicher ist, dass Kinder mit ihren Geschwistern und Müttern in einem Bett schlafen.“

Mittels einer Befragung wollen die Freiburger Forschenden herausfinden, wie sich bei Personen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund das Körper­abstandsverhalten während der aktuellen Pandemie verändert hat. Zakharine und Lipphardt werden dabei größere Migrationsgruppen in Deutschland berücksichtigen und etwa Menschen mit russisch-, türkisch-, arabisch-, griechisch- und italienischsprachigem Hintergrund in Freiburg adressieren. „Die geplante Umfrage ist zwar nicht repräsentativ für ganz Deutschland, aber Freiburg ist ein geeigneter Ort für diese explorative Studie. Es gibt hier Menschen aus allen möglichen Ländern“, sagt Veronika Lipphardt. Die gesammelten Daten sollen dabei helfen, die soziale Rolle des körperlichen Abstands besser zu verstehen, um die Verbreitung zukünftiger Epidemien zu antizipieren und zu verlangsamen.

Die beiden Forschenden erweitern ihr Vorhaben auch um eine Lehrkomponente: Sie werden Studierende dazu anleiten, ihnen bei der Datenerhebung zu helfen. Damit ergänzt das Projekt das Angebot des Programms „Wissenschaft – Technik – Gesellschaft“, das an Veronika Lipphardts Professur für Science and Technology Studies am University College Freiburg koordiniert wird. Das UCF wurde 2012 gegründet. Mit seinem internationalen Bachelorstudiengang „Liberal Arts and Sciences“ stärkt das College die interdisziplinäre Arbeit und fördert didaktische Innovationen in der Hochschullehre.

 

University College Freiburg

Kontakt:
Privatdozent Dr. Dmitri Zakharine
University College Freiburg
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-3435
dmitri.zakharine@geschichte.uni-freiburg.de