Das Menschengesicht als Bildmotiv
Freiburg, 07.06.2013
Eine von insgesamt 26 Büsten, die in zwei Depots des 9000 Jahre alten Steinzeitdorfs von 'Ain Ghazal in der Nähe von Jordaniens Hauptstadt Amman gefunden wurden. © Ain Ghazal Project, Rollefson/Kafaf
Das menschliche Gesicht ist eines der beliebtesten Motive aller Zeiten: Schon in der Steinzeit zeichneten Menschen Figuren auf Felswände oder schnitzten sie aus Mammutelfenbein. Erstaunlich ist jedoch, dass die Gesichter dieser Abbildungen meist sehr schematisch dargestellt wurden. Personenspezifische Merkmale arbeiteten die prähistorischen Künstlerinnen und Künstler für gewöhnlich nicht heraus, sondern sie wählten vereinfachte Gesichts-Schemata. Was ist der Grund dafür? Interessierten sich die Menschen damals nicht für das Gesicht oder verschleierten sie es bewusst aus rituellen Gründen? Diesen Fragen geht die Kunsthistorikern und Humanethologin Dr. Christa Sütterlin vom Humanethologischen Filmarchiv in der Max-Planck-Gesellschaft bei ihrem Vortrag am Institut für Vorderasiatische Archäologie der Universität Freiburg nach. Die Veranstaltung findet am
Montag, 10. Juni 2013, ab 18.15 Uhr im Hörsaal 1234, Kollegiengebäude I, Platz der Universität 3,
statt. Die Veranstaltung richtet sich an Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Freiburg und an die breite Öffentlichkeit. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Bei ihrem Vortrag mit dem Titel „Prähistorische Gesichts-Darstellungen – kulturelle Verschlüsselung oder zeitlose Prototypen generalisierender Wahrnehmung?“ geht Sütterlin zudem auf Erkenntnisse der Neurologie, Kognitionsforschung und Kunstgeschichte ein und vereint sie zu einer neuen Perspektive. Denn die vereinfachte Darstellung des Menschengesichts ist nicht auf die Steinzeit beschränkt, sie zieht sich bis in die Moderne und ist auch in entlegenen Kulturen verbreitet. Wie unser Gehirn Gesichter verarbeitet, könnte der Grund für die Beliebtheit des vereinfachten Motivs sein: Neuropsychologische Untersuchungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass mehrere neuronale Ebenen bei der Verarbeitung von Gesichtsreizen eine Rolle spielen. Das schematisierte menschliche Gesicht ist eine der ältesten und stabilsten Kategorien der Wahrnehmung.
Sütterlin studierte Kunstgeschichte, Germanistik, Romanistik und Philosophie an der Universität Zürich/Schweiz. 1977 wurde sie promoviert. Seit 1996 forscht sie am Humanethologischen Filmarchiv in der Max-Planck-Gesellschaft in Andechs an der Schnittstelle zwischen Kognition, Neurologie und Kunst. Sie war für Forschungen in Asien und Afrika. 2013 soll ihr neues Buch „Urbilder, Suchbilder, Trugbilder. Kunst zwischen Kultur und Evolution“ erscheinen.
Kontakt:
Dr. Marion Benz
Institut für Vorderasiatische Archäologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203- 3150
E-Mail: marion.benz@orient.uni-freiburg.de
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