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Social Media, geheime Lesewelten, pythagoreische Weisheit

Drei Nachwuchsforscher erhalten eine Förderung im Juniorprofessuren-Programm des Landes Baden-Württemberg

Freiburg, 28.07.2015

Social Media, geheime Lesewelten, pythagoreische Weisheit

Lena Henningsen, Peter Fischer und Angela Ulacco (von links) bekommen Unterstützung bei ihren Forschungsvorhaben. Fotos: Thomas Kunz, Privat

Erfolg für drei Freiburger Anträge im Juniorprofessuren-Programm des Landes Baden-Württemberg: Die Juniorprofessorinnen Dr. Angela Ulacco und Dr. Lena Henningsen sowie Juniorprofessor Dr. Peter Fischer erhalten in den kommenden drei Jahren insgesamt knapp 380.000 Euro für ihre Projekte. Das Programm unterstützt Forschungsvorhaben von Juniorprofessoren an Universitäten, Kunst- und Musikhochschulen sowie Pädagogischen Hochschulen des Landes. Bis zu 150.000 Euro können je Antrag bewilligt werden, wobei die Hochschulen einen Eigenbeitrag von mindestens 15 Prozent leisten. Die Förderdauer ist auf drei Jahre befristet.

Peter Fischer, Institut für Informatik
CORvID: Identifying and COrrelating Patterns and User Roles in Information Diffusion
In welcher Form und auf welchem Weg verbreiten sich Informationen im Online-Zeitalter? Welche Rolle spielen dabei die Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien? Peter Fischer will in seinem Projekt zwei Aspekte erforschen, die bisher getrennt betrachtet wurden: Zunächst untersucht er die Muster, nach denen sich Informationen ausbreiten. Dabei berücksichtigt er das zeitliche Verhalten, die räumliche Verteilung und insbesondere die Wege, die eine bestimmte Nachricht unter allen Nutzern nimmt. Ergänzend dazu erforscht er Nutzerrollen, indem er das Verhalten bestimmter Nutzer für alle Nachrichten auswertet. So gibt es beispielsweise Prominente, deren Nachrichten schnell von einer großen Anzahl von Fans aufgegriffen werden, sich danach aber wenig weiter verbreiten. Verfasst dagegen ein „normaler Nutzer" eine interessante Nachricht, wird sie erst von wenigen aufgegriffen, breitet sich dann aber über einen längeren Zeitraum aus. Die Kombination beider Aspekte – Muster und Rollen – verspricht ein besseres Verständnis davon, wie Ausbreitungsprozesse in sozialen Medien verlaufen. Fischers Erkenntnisse könnten eine Grundlage bilden, um etwa Spam schneller zu erkennen oder die Vertrauenswürdigkeit von Nutzern einzuschätzen.

Lena Henningsen, Institut für Sinologie
Lektüre, Text und Autorschaft in der Kulturrevolution: Lesewelten in den langen 1970er Jahren in der Volksrepublik China
Die chinesische Kulturrevolution (1966 bis 1976) gilt als eine Zeit, in der Propagandawerke allgegenwärtig waren. Lena Henningsen will jedoch auf blühende Oasen der Vielfalt im Untergrund aufmerksam machen: westliche und chinesische Literatur, Poesie, Prosa, philosophische Traktate und handschriftliche Unterhaltungsliteratur waren illegal im Umlauf. Die Sinologin möchte konkrete Lektürepraktiken und deren Bedeutung nachvollziehen. Zudem wird sie untersuchen, inwiefern diese Praktiken und die zugrundeliegenden Texte Kontinuitäten zu vorausgegangenen und nachfolgenden aufweisen. Schließlich wird sie erforschen, inwiefern die fiktionalen und nichtfiktionalen Texte neue intellektuelle, gesellschaftliche und persönliche Entwicklungen erst ermöglichten, die gemeinhin dem nach der Kulturrevolution eingeläuteten Reformprozess zugeschrieben werden. Das Projekt soll einen Beitrag zur Diskussion um die so genannten langen 1970er Jahre in China – dem Zeitraum von etwa 1966 bis 1981 – leisten. Gerade an intellektuellen Debatten und den Inhalten einflussreicher Texte werde deutlich, dass die Brüche im Übergang von Revolution zu Reform nur auf den ersten Blick klar als solche gekennzeichnet werden könnten.

Angela Ulacco, Philosophisches Seminar
Ideen, Zahlen, Kategorien. Pythagoreische Autorität im spätantiken wissenschaftlichen und metaphysischen Denken
Eine neue Perspektive auf die Geschichte des erkenntnistheoretischen und metaphysischen Denkens in der Spätantike eröffnen: Mit diesem Ziel will Angela Ulacco die Wirkungsgeschichte der pythagoreischen Autorität analysieren. Der griechische Philosoph Pythagoras lebte im 6. Jahrhundert vor Christus. Auf Schriften, die tatsächlich oder vermeintlich von ihm stammen, beriefen sich spätantike Kommentatoren, um Texte der Philosophen Platon (circa 428/427 bis 348/347) und Aristoteles (384 bis 322) auszulegen sowie Erkenntnis- und Wissenschaftstheorien aufzustellen. Der Anspruch auf eine alte pythagoreische Weisheit war oft mit dem Bestreben verbunden, eine bestimmte Interpretation von Platons Dialogen und Aristoteles’ Schriften durchzusetzen. Ulacco will erstmals systematisch erforschen, was sich hinter dieser Autorität des Pythagoreismus verbirgt und welche Interessen Philosophen leiteten, wenn diese ein Lehrstück verteidigten oder ihm widersprachen. Sie untersucht dabei, welche Bilder des Pythagoreismus in den jeweiligen historischen Kontexten vermittelt wurden. Der Philosophin geht es nicht darum, die ursprüngliche Lehre des Pythagoras herauszuarbeiten. Vielmehr strebt sie an, das Phänomen in seiner historischen Vielfalt zu verstehen.



Kontakt:

Juniorprofessor Dr. Peter Fischer
Institut für Informatik
Tel.: 0761/203-8124
E-Mail: peter.fischer@informatik.uni-freiburg.de

Juniorprofessorin Dr. Lena Henningsen
Institut für Sinologie
E-Mail: lena.henningsen@sinologie.uni-freiburg.de

Juniorprofessorin Dr. Angela Ulacco
Philosophisches Seminar
Tel.: 0761/203-97551
E-Mail: angela.ulacco@philosophie.uni-freiburg.de


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